Giovanni, die Hand­puppe der KiTa Don Bosco in Essen-Borbeck

Sr. Birgit mit der Handpuppe Giovanni
Foto: privat

Seit November 2017 ist Schwester Birgit Holtick FMA als pastorale Mitarbeiterin der Pfarrei St. Dionysius mit der Begleitung von jungen Erwachsenen und Familien betraut. „Giovanni“, den sie zu unserem Gespräch mitgebracht hat, richtet sich an die Allerjüngsten und hält die Erinnerung an die zentrale Persönlichkeit der Gemeinschaft lebendig.

Ein berühmter Namenspatron
Die freundliche Puppe mit dem breiten Grinsen hat einen berühmten Namenspatron: Giovanni Melchiorre Bosco (1815–1888), besser bekannt als Don Bosco. Im beginnenden Industriezeitalter Turins erkannte der Priester die Not der Kinder und Jugendlichen: ohne elterliche Fürsorge, arbeits- und orientierungslos. Als Erzieher wandte er sich ihnen zu und gründete 1846 sein erstes „Oratorium“, eine Art ‚Jugendzentrum‘ mit ganzheitlichem Ansatz: Er wollte den benachteiligten Heranwachsenden eine Beheimatung bieten („Haus“), den christlichen Glauben unterrichten („Pfarrgemeinde“), die Vorbereitung auf Lehre und Beruf in den Blick nehmen („Schule“) und freundschaftliche Gemeinschaft untereinander ermöglichen („Spielhof“).

Industrie und rauchende Schlote: von Turin ins Ruhrgebiet
Don Bosco bildete Mitarbeiter aus, die sich an seinen visionären Prinzipien der „Assistenz“, dem Da-Sein für und Dabei-Sein mit den Jugendlichen, orientierten. 1859 gründet er die Ordensgemeinschaft der Salesianer – oder „Padders“, wie sie im Essener Volksmund genannt werden. Denn seit fast genau 100 Jahren leben und wirken Mitbrüder auch in Borbeck. Ein Jahr später, 1922, folgten ihnen die ersten Don Bosco-Schwestern, Mitglieder des gemeinsam von Maria Mazzarello und Don Bosco gegründeten Frauenordens, ins heutige Bistum Essen.
Die Schwestern übernahmen zunächst vor allem Haushaltstätigkeiten im Knabenheim der Salesianer. Im damals noch von der Schwerindustrie geprägten Essener Norden waren sie bald als die „lachenden Schwestern von Borbeck“ bekannt. Sie boten nun auch den Mädchen einen Anlaufpunkt, an dem diese ihre Freizeit verbringen konnten. Schnell bildeten sich die ersten Zirkel, feste Gruppen, die sich hier regelmäßig trafen. „Es war für die Bevölkerung zunächst ungewöhnlich, dass die Schwestern so nah waren“, erzählt Sr. Birgit. „Sie waren jung und voller Power, und sie spielten mit, anstatt zuzugucken!“ Dem Wunsch Don Boscos nach „hemdsärmeligen Priestern“ kleidungstechnisch zu entsprechen war in der damaligen Zeit für Frauen unvorstellbar, doch die Schwestern lebten die dahinterstehende Idee, sie waren „mittendrin“. Und steckten an: Viele von den Mädchen traten später als Erwachsene in die Gemeinschaft ein. So viele, dass es in den damals drei Standorten in Deutschland kaum genug Platz für sie gab.

Die Kindertagesstätte Don Bosco
In Borbeck gründeten die Schwestern nach einigen Jahren einen Kindergarten. „Wie das funktioniert hat, 60 Kinder in einem Raum, ist heute kaum noch vorstellbar“, erzählt Sr. Birgit. Zumal ohne professionelles Personal: „Die Schwestern waren kaum vorbereitet, aber kümmerten sich mit viel Leidenschaft und Liebe um die Kinder.“
Ende der 50er Jahre wurde ein eigenes Gebäude für den Kindergarten gebaut. Inzwischen ist es in die Jahre gekommen; „mit den neuen Gebäuden anderer Einrichtungen kann es nicht konkurrieren“, gibt Sr. Birgit zu – „aber der Geist hier kann es“ Seit 5 Jahren arbeiten zwar keine Schwestern mehr in der KiTa, aber sie sind noch immer im Alltag präsent. Genauso wie die Ideen Don Boscos, die bis heute das pädagogische Grundkonzept bestimmen: sich den Bedürfnissen von Kindern, Eltern und den aktuellen Herausforderungen ihrer Lebenswelt aus christlicher Überzeugung zuzuwenden. So zeichnet sich die KiTa mit ihren 90 Kindern aus 27 Nationen 2022 besonders als Ort der Sprachförderung aus, man leistet zusätzliche Hilfe bei Anmelde- und Behördengängen, versteht sich als armutssensibel.
Giovanni macht die Verbindung zum Ordensgründer lebendig: Er erzählt den Kindern von seinem berühmten Namenspatron oder begleitet sie vor bestimmten Festen und Gottesdiensten durch die Woche. Ab und zu taucht er auch in den Familiengottesdiensten auf, wo er die Handpuppen der anderen KiTas der Pfarrei trifft.

Verständnisvolles Da- und Dabei-Sein im Ruhrbistum – gestern, heute und in Zukunft
Wenn Sr. Birgit über ihre Vor-Vor-Vorgängerinnen nachdenkt, erinnert sie an die Arbeit der ersten Schwestern, die stark von der Zechen- und Bergarbeiterwelt geprägt war, in der sie lebten. Dabei gehe es nicht darum, zu romantisieren; es gab viel Härte und Leid der Menschen im Alltag. „Aber es prägt die Menschen, die hier groß geworden und geblieben sind, bis heute.“
Sie sieht eine starke Verbindung zwischen Ordensgründer, Wirkungsort und der Bevölkerung: „Die Menschen hier waren und sind unmittelbar, echt, geerdet und offen – und deshalb passt Don Bosco hier so gut hin! Es geht immer darum, die Sprache der Menschen zu sprechen, Und das ist auch typisch für unser Bistum.“

Heute leben neben Sr. Birgit nur noch zwei weitere Schwestern in Essen-Borbeck. Eine ist verantwortlich für die Missionsprokur, die andere arbeitet in der Altenseelsorge. „Die Schwestern sollen mit goldenen Buchstaben Geschichte schreiben in der Stadt“, lautete der Wunsch des Bürgermeisters, als sie nach Essen kamen. Das wünscht sich Schwester Birgit auch für die Gegenwart und die Zukunft: „Weil es hier am Ort richtig ist.“

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